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Harry Rowohlt:




"HI-HI-HILFE! (Help! R.: Richard Lester, 1965)"

Der zweite Beatlesfilm, wieder von Lester, mit einem deutlich höheren Etat ausgestattet als der erste. Nach dem großen Erfolg von A HARD DAY´S NIGHT hat es diesmal nicht nur für Farbe, sondern auch für Drehorte wie die Bahamas und die Alpen gereicht. Eine völlig überdrehte Agentenfilmparodie, in der die vier von Hohepriestern einer Sekte und später einem wahnsinnigen Wissenschaftler verfolgt werden. Der Film blieb immer ein wenig im Schatten des Vorgängers, hatte aber immensen Einfluss auf Musikfilme und Videoclips und war etwas gänzlich Neues in seiner Darbietung von Pop-Ruhm als abendfüllender Veranstaltung, aufgepeppt mit repektlosem Witz und schnellen Schnitten.
Die Beatles haben sich wenig und wenn dann wenig enthusiastisch über HELP geäußert. Ein geplanter dritter Film wurde kurz nach dem Abschluss der Dreharbeiten abgesagt.

John Lennon: "Der Film geriet außer Kontrolle. Bei A HARD DAY´S NIGHT waren wir inhaltlich viel beteiligt und es war semi-realistisch. Aber bei HELP hat uns Dick Lester nicht gesagt, worum es da eigentlich geht. Im Rückblick verstehe ich, wie weit das seiner Zeit voraus war. Es war ein Vorgänger des Batman 'Pow! Wow!' im Fernsehen - so Zeugs. Aber er hat´s uns nie erklärt. Zum Teil vielleicht, weil wir uns nicht viel gesehen haben zwischen A HARD DAY´S NIGHT und HELP und zum Teil, weil wir in der Zeit zum Frühstück Marihuana geraucht haben. Mit uns konnte man nicht reden, da gab´s die ganze Zeit nur glasige Augen und Gekicher. In unserer eigenen Welt. Man hatte die meiste Zeit nichts zu tun, musste aber trotzdem um sieben aufstehen, also langweilten wir uns bald."

Im Gegensatz zu A HARD DAY´S NIGHT ("Yeah Yeah Yeah") soll die deutsche Synchronisation trotz oder wegen etlicher genommener Freiheiten bei der Übersetzung durchaus gelungen sein. Das lässt sich zur Zeit aber nicht überprüfen, da die vor einem Jahr endlich erschienene, leider sauteure deutsche DVD-Ausgabe seltsamerweise die deutsche Sprachfassung nicht enthält.
Hier der Trailer:


Harry Rowohlt ist der einzige Übersetzer, dessen Name vorne auf die Buchumschläge gedruckt wird. Und zwar nicht nur, wenn keine Sau den Autoren kennt, sondern auch bei so einem Titel. Es ist fraglich, ob´s das irgendwo auf der Welt ein zweites Mal gibt.
Den Ruhm verdiente er sich als begnadeter Vorleser und Vortragskünstler, als Kolumnenschreiber und Rezensent, als missionarischer Fürsprecher von ihm verehrter Autoren wie Flann
O´Brien, Shel Silverstein oder A. A. Milne und vielleicht war auch sein regelmäßiges Auftreten in einer Nebenrolle einer bekannten Fernsehserie nicht völlig unerheblich.
Seine Lesungen, die zur Zeit leider nur noch selten stattfinden, sind lang und legendär, da sitzt dann ein sehr haariger und sehr großer Mann auf der Bühne, der viel trinkt und mit seiner erstaunlich variantenreichen sonoren Brummstimme eigene und selbst übersetzte Texte zum Besten gibt, falls er nicht gerade von ewas ganz anderem zu erzählen anfängt. "Der Paganini der Abschweifung" heißt ein Hörbuch, das einen Eindruck von solchen Abenden vermittelt. Von ihm eingelesene Hörbücher gibt´s ohnehin jede Menge, wer noch nie "Pu der Bär" gehört hat, sollte sich was schämen.
Eine Rechtfertigung dafür, mit seinem Namen die von ihm übersetzten Bücher zu bewerben, könnte man in der garantierten Qualität und Komik der Texte finden: Das liest sich immer gut, machmal, wie bei David Sedaris, eindeutig besser als das Original. Aber sein eigener Tonfall, der oft die Bücher prägt, ist nicht unumstritten, Kritiker wie sein Kollege Carl Weissner werfen ihm vor, er habe die Neigung, möglichst obskure Begriffe zu verwenden. "Ich meine dieses Kaiser-Wilhelm-Deutsch, das Harry Rowohlt aus unerfindlichen Gründen witzig findet, bei dem steht in jedem zweiten deutschen Satz das Wort 'hinwiederum' oder 'obzwar', 'obschon'. Das normale Wort wird ungern benutzt, weil es anscheinend als verbraucht gilt, als Unterschichtsdeutsch, man hat ja Abitur."
Andererseits verschafft uns das aber auch so schöne Ausdrücke wie "sich verfatzen" oder "mit der Plempe beharkt werden". (Aus der "Grünen Wolke", die übrigens nur im deutschen Sprachraum ein Kinderbuchklassiker ist, nicht im englischen, und das ist ganz allein Harry Rowohlts Verdienst)
Seine Kolumnen tragen den Titel "Poohs Corner - Meinungen eines Bären von sehr geringem Verstand" und erscheinen höchst unregelmäßig seit 1989 in der Zeit. Leider sind zur Zeit alle Kolumnensammlungen in Buchform vergriffen, aber problemlos antiquarisch zu bekommen. Und online lässt sich auch eine Menge finden. Es sind aber eine Reihe weiterer Titel lieferbar, unter anderem einige hübsche Versbände mit Bildern von Rudi Hurzlmeier und eine Sammlung seiner Briefe, in denen er sich nicht immer von besonders sympathischer Seite zeigt. Da wird auch mal mit großkalibrigen Waffen auf unbedarfte Leser geschossen, die es gewagt hatten, ihm zu schreiben. (Zu mir war er ausgesprochen nett, als ich ihn wegen seines Lieblingsfilms belämmert habe. Wieder Glück gehabt.) Im Frühjahr erscheint ein zweiter Band. Einen freundlicheren Eindruck hinterlässt die dahingeplauderte Autobiographie, eine Aufzeichnung von Geprächen mit Ralf Sodtschek.

Filmkritiken hat er auch geschrieben (auch in den Pooh´s-Corner-Bänden enthalten), und die sind ganz besonders reizvoll, da er sich keinen Deut um irgendwelche Konventionen schert und frei losassoziiert, erstmal einen Witz reißt, sich über die Buchvorlage oder andere Filme auslässt, eine passende Anekdote erzählt und nicht zwingend mehr als einen Satz zum Film schreibt, um den es eigentlich geht. Wenn die Aufgabe eigentlich ganz klar definiert ist, machen die Abschweifungen am meisten Spaß. Subjektiver geht´s nicht, besser geschrieben und komischer aber auch nicht und darum macht ihm das keiner so schnell nach. Auch nicht heutzutage in der Blogosphäre, in der eine solche Haltung fast zum Standard geworden ist.

Eine Beispiel von 1988, allerdings mal abschweifungsfrei:

"Der Ärger mit GORILLAS IM NEBEL ist, dass es stundenlang dauert, bis der erste Nebel in Sicht kommt, von den ersten Gorillas ganz zu schweigen. In DER BÄR dagegen gibt es von Anfang an reichlich Bär. Wenn man also, um es noch didaktischer zu sagen, ins Kino geht, weil dort ein Film gegeben wird, der DER BÄR heißt, und man verspricht sich davon einen Film mit viel Bär, so ist man in DER BÄR im richtigen Film. Bär satt.
Und abgesehen von der richtigen Dosierung - mehr Bär -, ist Jean-Jaques Annaud (AM ANFANG WAR DAS FEUER, DER NAME DER ROSE) wirklich ein Kunststück gelungen: Echte Bären spielen echte Bären, was nicht ganz einfach ist, da Bären als Einzelgängern ein mimisches Instrumentarium zu Gebote steht, das sich zwischen Buster Keaton und Clint Eastwood bewegt. So konnte man von 300.000 Metern belichteten Films (Schnitt: Noëlle Boisson) nur ein Prozent verwenden, und nun spielen die Bären himmelhoch jauchzend/zu Tode betrübt, bleiben dabei aber immer fair; kurz, sie benehmen sich wie Fans des FC St.Pauli. Und die Rocky Mountains werden von den Dolomiten gespielt, die ich vorher noch nie so überzeugend gesehen hatte. A little bit grizzly, aber in Kodiak-Color."


Und ein Film, den wir zum Glück nicht gesehen haben:


1991 hat Richard Lester mit Paul McCartney erneut zusammengearbeitet: Ein konventioneller Konzertfilm mit wohl recht wahl- und lieblos eingestreuten Archivaufnahmen vom Vietnamkrieg, den Beatles und allem möglichen anderen Zeugs, die wohl auf tumbe Weise für mehr Relevanz sorgen sollten. Traurig, vor allem weil es Lesters letzter Film war. 18 Jahre lang hat er nichts mehr gemacht. Am 19.1. wird er 77.