Werner Grassmann:




"Mein liebster Film von all den Besten ist SEIN ODER NICHT SEIN, von Ernst Lubitsch."

TO BE OR NOT TO BE ist der Originaltitel der Komödie über eine polnische Schauspieltruppe, die mitten unter den echten Nazis ebensolche spielen, es geht um Spionage, um den Widerstand und ums nackte Überleben. Unkorrekt, bis zum äußersten, selbst Witze über KZs werden gemacht: "Yes, yes. We do the concentrating and the Poles do the camping" (In der deutschen Fassung, glaube ich, nicht enthalten). Weniger gut als die Pointen der perfekten Verwechslungskomödie war ihr Starttermin getimt. Im März 1942 waren die USA schon mitten im Krieg und die Reaktionen auf die Witze im Film des deutschstämmigen Regisseurs über das von Deutschland besetzte Polen waren verheerend. "Zu sagen es sei gefühllos und makaber wäre eine Untertreibung ... man hat das seltsame Gefühl Herr Lubitsch wäre ein Nero, der munter fidelt, während Rom brennt", schrieb damals die New York Times. In Deutschland wurde sich erst fünfzehn Jahre nach Kriegsende getraut, den Film doch noch aufzuführen. 3Sat zeigt SEIN ODER NICHT SEIN an diesem Sonntag um 14.54 Uhr. ShowView 77.851.533
Dieser Warner Cartoon ist auch von 1942:



Werner Grassmann war 1942 schon 16 Jahre alt. Heute ist er also 82 und guckt zurück auf jahrzehntelange Tätigkeiten rund um den Film in Hamburg: Er schrieb Kritiken, gründete Kinos, erst, 1953, das kleine Studio 1, 1970 das Abaton, dessen Mitbetreiber er auch heute noch ist, 1974 die Vorführung 6 auf dem Gelände des Studio Hamburg, war auch Mitbegründer und jahrelanger Geschäftsführer der Hamburger Filmcoop, später der AG Kino, dem Verband der Programmkinos, schuf die FIFIGe, einen Verleih für sperriges Filmgut und veranstaltete das erste Filmfestival in der Stadt, die Hamburger Kinotage, die später im Filmfest aufgingen. Filme hat er auch gemacht und macht sie noch immer, er führte Regie bei zahlreichen Fernsehdokumentationen und produzierte unter anderem Animationsfilme von Jochen Kuhn und Kurzfilme von Zoltan Spirandelli. Ein Tausendassa also, der das Kinogeschehen in der Stadt wie kein zweiter beeinflusst hat und ohne dessen unermüdlichen Kampf für bessere und andere Filme wir es auch früher schon mit einer sehr viel trostloseren Kinolandschaft zu tun gehabt hätten. Aber wenn alle zuhause bleiben und da gucken, kann auch Supergrassmann nix mehr ausrichten.


Und ein Film, den wir zum Glück nicht gesehen haben:

Ernst Lubitschs letzter Film, vollendet von Otto Preminger. Eine Operettenverfilmung, die in einem kunterbunten Kitsch-Italien spielt, mit Betty Grable als Gräfin, die sich zum ungarischen Eroberer, Doulas Fairbanks jr., hingezogen fühlt. Die wenig bekannten Filme der ganz großen Regisseure sind in der Regel keine zu hebenden Schätze, sondern zu Recht fast in Vergessenheit geraten. Jede Filmografie enthält eben auch Nieten. DIE FRAU IM HERMELIN wird da wohl keine Ausnahme bilden und hätte sicherlich eine noch viel schlechtere imdb-Durchschnittsbewertung, wäre der Regisseur minder bekannt. Wer Interesse hat, kommt sogar leicht dran: Ausgerechnet auf dem deutschen Markt, ja ausschließlich hier, ist sogar dieses Jahr eine DVD erschienen. Sowas gibt´s also auch.