Anke Gröner:


"Mein Lieblingsfilm ist immer noch ONE, TWO, THREE. Aber den hat sich Herr Scheck ja schon unter den Nagel gerissen.

Damit Sie nicht zweimal über Wilders Meisterwerk schreiben müssen, weiche ich aus auf: BACK TO THE FUTURE. Ja, der mit Michael J. Fox und dem Fluxkompensator. Bei dem Film ist mir zum ersten Mal aufgefallen, wie ein wirklich gutes Drehbuch aussieht: 1000 Fährten, die ausgelegt werden, und zum Schluss passt alles absolut perfekt zusammen (die Plutoniumbox in Docs Labor, die man in der ersten Einstellung nur aus den Augenwinkeln mitkriegt, die kaputte Rathausuhr, die Gitarrenkünste von Marty usw).

Den Film habe ich mindestens 30mal gesehen und freue mich auf die nächsten 30. Einfach, weil ich weiß, dass ich wie beim ersten Mal vor dem DVD-Player sitzen und atemlos hoffen werde, dass Doc Brown den verdammten Stecker rechtzeitig reinkriegt, bevor Marty mit dem DeLorean angerast kommt.

Ich glaub, ich guck den genau JETZT nochmal."

(Der Kreuzberger Korrektor dazu: "Die Begeisterung für das perfekte Zurück-Drehbuch sind meine Worte! Zwei meiner Lieblingsstellen: 'Ronald Reagan? The actor?' und wie Michael J. Fox via Chuck via dessen cousin Wayne Berry den Rock'Roll erfindet: 'Hey Chuck - it's you're cousin Wayne' oder so: 'You're always lookin' for that crazy sound - well listen to this.' aaaahhh :-)))")


ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT, gedreht 1985, ist eine Steven-Spielberg-Produktion; Regie führte Robert Zemeckis. So clever und unterhaltsam kann ein Blockbuster sein. Die Science-Fiction-Fabel schickt Michael J. Fox als Highschoolkid mit einer sehr originellen Zeitmaschine dreißig Jahre in die Vergangenheit, wo er mit dem für ihn existentiellen Problem konfrontiert wird, dass sich seine eigene Mutter mehr für ihn als für seinen schüchternen Vater interessiert. Das Ganze ist überaus komisch, voll mit hübschen Running Gags, die sich aus den Veränderungen ergeben, die die Kleinstadt mittlerweile durchlaufen hat, voller Referenzen und exzellenter Dialoge, die an die großen Zeiten der Hollywoodkomödien von Frank Capra oder Billy Wilder erinnern. Das Drehbuch hat Zemeckis selbst gemeinsam mit Bob Gale verfasst.

Hans Mentz, der Humorkritiker der Titanic mit multipler Persönlichkeit, den ich schon letzte Woche ausgiebigst zitiert habe, schrieb damals über die Komödien des Kinoherbsts 1985: "Traditionelle Lustspiele sind wieder im Angebot, leicht ironisierte Melodramen sind es eigentlich. (...) Ich bewundere vor allem die Sorgfalt der Autoren: Handlungen, die spielerisch ernst genommen werden, Pointen, die einem bestimmten Zweck dienen, Motive, die eingelöst werden, Spannungsbögen, die auf ein Ziel zuführen. Selbst Steven Spielbergs letzte Produktion ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT hat einiges von diesem altmodischen Geist. Man traut dem Zuschauer wieder Geschmack zu, Geschmack an gepflegter Unterhaltung."
Im Gegensatz zu Anke Gröner habe ich den Film genau einmal gesehen, damals im Kino. Dass ich mich sogar an kleinste Details, wie das Kinoplakat mit Ronald Reagan erinnern kann, spricht eindeutig für den Film, der, genau wie die beiden ordentlichen Sequels, problemlos und günstig auf DVD zu bekommen ist.



Anke Gröner betreibt seit bereits 7(!) Jahren ein Blog unter eigenem Namen, in dem sie allerlei Persönliches (wie zum Beispiel jüngst diesen Abschiedsgruß an Berlin) und ganz viel über Filme schreibt. Wie es dazu kam, beschreibt sie so: "Da ich keine Lust mehr hatte, fünf Leuten nacheinander zu erzählen, wie doof zum Beispiel PEARL HARBOUR war, hab ich's aufgeschrieben und per Mail rumgeschickt. Und da mir das auch irgendwann zu nervig wurde, hab ich mich daran erinnert, mir doch irgendwann mal eine Domain auf meinen Namen gesichert zu haben. Da hab ich dann liebevoll mit dem Netscape Composer eine Seite gebastelt und die Kritiken dahingepackt. Und eine freundliche Mail an die Kollegen geschrieben, doch ab sofort einfach wöchentlich auf meiner Seite vorbeizuschauen."
(Eine Ewigkeit später, als dieses Medium gar nicht mehr so frisch, neu und interessant war, ist die Kinoprovinz hier ganz ähnlich entstanden.)

Anke Gröner hat sich über die Jahre eine große Leserschaft erschrieben, über deren genaue Zahl sie nichts verrät, die sich aber erahnen lässt, wenn man ihren Daueraufenthalt in den deutschen Blogcharts in Betracht zieht.
Frei von irgendwelchen redaktionellen oder monetären Zwängen (der Blog muss nix erwirtschaften, das Geld verdient sie als Texterin), kümmert sie sich nicht um Starttermine oder neue DVD-Veröffentlichungen, sondern schreibt einfach über die Filme, die sie sich gerade angeguckt hat, was häufig zu einem erstaunlichen Ausstoß erstaunlich langer Einträge am Wochenende führt. Und angucken tut sie sich nur, wozu sie Lust hat, versteht sich, und das ist oftmals ganz andere Filmkost, als ich sie mag. Exotisches verschmäht sie eher, ist tendenziell eher dem Mainstream zugeneigt und schreckt vor Biopics und selbst vor Musicals nicht zurück. Dabei schreibt sie so gewitzt und einfallsreich, dass die Lektüre ein Vergnügen ist, ganz gleich ob man sich für den Film interessiert oder ihre Einschätzungen teilt. Die Autoren der sich seriös gerierenden Filmblogs strafen sie in der Regel mit Nichtbeachtung, können ihr aber stilistisch nicht das Wasser reichen. Sie kriegt es andererseits fertig, über das SOLARIS-Remake von Steven Soderbergh zu schreiben, ohne auch nur mit einer Silbe Andrej Tarkowski zu erwähnen. Manchmal macht sie es sich auch ein bisschen leicht: "... so war mir der Film ein bisschen zu unemotional, um mich zu erwischen. Trotzdem schön, dass ich ihn endlich gesehen habe. Wieder ein Pflichtfilm weniger auf der Liste." (über LONG WALK HOME)

Ihre Kritik des jüngsten James-Bond-Films ging so los:

"Die Bushaltestelle am Potsdamer Platz ist eine Doppelhaltestelle. Als der 200er auf dem Weg zum Alexanderplatz anhält, steigt niemand ein. Der Bus fährt an, als plötzlich eine Frau mit der flachen Hand mehrmals von außen an den Bus schlägt, zur vorderen Tür rennt, der Fahrer öffnet die Tür – 'Na, na, ma nich so stürmisch, junge Frau' – sie steigt ein und fängt sofort an zu pöbeln. 'Sie sind an mir vorbeigefahren.' Der Busfahrer pampt zurück: 'Ick hab doch jehalten.' – 'Ja, als ich hinter Ihnen hergerannt bin. Das ist ne Haltestelle, das wissen Sie schon, oder?' – 'Jetzt ma janz ruhig hier, Sie sind doch im Bus, was wolln Se denn noch?' – 'Ich will, dass Sie nicht so unfreundlich sind. Noch ein Wort und es gibt ne Anzeige.' Woraufhin sie nach hinten durchgeht. Woraufhin der Busfahrer den Motor abstellt und ihr hinterhergeht. 'Ne Anzeige? Ick gloob, ick spinne.' – '4802, hab ich mir gemerkt, kommen Sie bloß nicht näher, das gibt ne Anzeige.' – 'Dit hab ick ja noch nie erlebt! Wissen Se was, ich ruf jetzt die Polizei, dann können Se gleich Ihre Anzeije loswerden.' – 'Ja, nee, das muss ja jetzt auch nicht sein.' Die beiden gehen wieder nach vorne, der Fahrer ruft über Funk die Zentrale, die Frau fängt an, ihn im quengeligen Tonfall davon abzuhalten, und ich denke, hättstehättstehättste mal den M48 genommen, der direkt hinter dem 200er kam und jetzt schon lange an uns vorbei ist. 'Sie lassen mich jetzt sofort aus dem Bus, das ist sonst Freiheitsberaubung.' – 'Also, ick hab hier ne Dame …' – 'SIE LASSEN MICH JETZT SOFORT AUS DEM BUS!' – 'Ja, watt denn nu, rinn oder raus?' – Die Tür ging auf, die Dame stieg aus und fluchte draußen weiter. Der Busfahrer ließ den Motor wieder an und nölte seine Zentrale noch bis zur Friedrichstraße voll, bis er sich wieder beruhigt hatte. Ich fuhr bis zur Memhardstraße, stieg in die M2 und kam etwas später als erwartet zu Hause an. Achja, und davor habe ich QUANTUM OF SOLACE geguckt. Der war aber lange nicht so aufregend wie die Busfahrt."

Ein hübsches Fazit von ihr liest sich so: "Hier also meine Meinung zu The Brothers Grimm, in Terry Gilliams Worten bzw. denen von Drehbuchautor Ehren Kruger, obwohl es eigentlich um die glitzernden Rüstungen der Grimms ging: It’s not magic – it’s just shiny. Und auch das leider nicht immer."

Und noch ganz kurz, Gröner über das BOURNE ULTIMATUM:
"Die Handlung selbst ist damit schon fast komplett umrissen: rennen, was das Zeug hält und nebenbei die eigene Biografie wiederfinden. Gute Sache. Guck ich nochmal, wenn ich wieder Luft kriege."

Über BE KIND REWIND (Abgedreht):
"Ich guck lieber nochmal Ghostbusters. Den hab ich sogar auf Kassette."

Oder über SYRIANA:
"Endlich mal wieder ein amerikanischer Film, der den Kopf ein bisschen herausfordert."


Hoffentlich verliert sie nicht irgendwann das Interesse am Blog. Es wäre ein echter Verlust.

(Nachtrag: Ausführliche Anmerkungen von Anke Gröner jetzt bei ihr unter dem Titel "Landeier-Lichtspiele")



Und ein Film, den wir glücklicherweise nicht gesehen haben:

Robert Zemeckis hat später noch eine Reihe guter Filme gemacht, unter anderem den gelungensten und spektakulärsten Trick-Realfilm-Mix aller Zeiten: FALSCHES SPIEL MIT ROGER RABBIT. Heutzutage nervt er leider mit einer ekelhaftem Pseudoanimationstechnik, dem Motion-Capture-Verfahren, das unter anderem zu diesem gruseligen Machwerk geführt hat. Anke Gröner hat immerhin versucht, sich das anzugucken: "Die Story des kleinen Jungen, der nicht mehr an den Weihnachtsmann glaubt und vom Polarexpress abgeholt wird, um ihn vom Gegenteil zu überzeugen, habe ich knappe 30 Minuten durchgehalten. Dann war mir das virtuelle Weihnachtsmärchen einfach zu unangenehm. Ich konnte und wollte den Pixelfratzen nicht mehr zusehen, zu seltsam war ihre Umsetzung. Ich hätte mir reale Schauspieler für die bestimmt herzerwärmende Geschichte vom Polarexpress gewünscht; dann hätte sich der Film vielleicht nicht ganz so wie 3 Nüsse für Aschenputtel im Zombieland angefühlt."