Bernd Eilert:


"Ein Film aus dem Jahr 1962: IL SORPASSO – was einen Überholvorgang meint, der sowohl im Straßenverkehr als auch in einem Menschenleben vorkommen kann, das auf der Überholspur geführt wird.
Der Regisseur Dino Risi, der gemeinsam mit Ettore Scola auch das Drehbuch geschrieben hat, erzählt in sonnendurchfluteten Schwarz-Weiß-Bildern die fabelhafte Geschichte zweier junger Männer, die unterschiedlicher kaum sein könnten: die 'Ameise', dargestellt von Jean- Louis Trintignant, wird von der 'Grille' (Vittorio Gassmann) auf eine hochsommerliche Spritztour mitgenommen, die an einem Sonntagmorgen im menschenleeren Rom beginnt und am nächsten Tag mit dem Tod eines der beiden Protagonisten endet. In deren Verlauf sind die beiden, die sich zuvor nie begegnet waren, einander näher gekommen, wobei – ganz anders als in Lafontaines Fabel – die grillenhafte Existenz sich als die attraktivere und lebenswertere erweist – zumindest im Twistzeitalter, das hier ein einziges Mal einen Ausdruck gefunden hat, der seine Banalität überhöht und feiert.
Was mich rührt an diesem Film, ist eben diese unbedingte Bejahung der Sinnlosigkeit unserer Existenz. Denn daraus ergibt sich eine Stillage, die nicht zwischen Komödie und Tragödie liegt, sondern irgendwo darüber oder darunter – je nach Betrachtungsweise.
Dass IL SORPASSO in Deutschland so gut wie unbekannt geblieben ist, mag auch am deutschen Verleihtitel liegen: 'Verliebt in scharfe Kurven'".



Was für ein Filmstart. Sieht ein wenig so aus, als wenn Antonioni eine Komödie gedreht hätte. Und was für eine nette Überraschung, ein Lieblingsfilm, von dem ich noch nie gehört habe. Offenbar ein vergessener Schatz, den nicht nur in Deutschland fast keiner kennt. Auf DVD wurde er bislang nur in Italien veröffentlicht, ohne fremdsprachige Untertitel. Aber wer ihn gesehen hat, ist des Lobes voll: Bei imdb gibt es siebzehn Nutzerkommentare, die allesamt reichlichen Gebrauch von Superlativen machen. ("Einer der besten zehn italienischen Filme, die je gemacht wurden", "... die definitive Kombination aus Komödie und Road Movie und einfach ein Wunder: Wie kann ein Film nur so lustig und emotional, leicht und nachdenklich stimmend sein?") Die 1500 Wertungen ergeben eine Durchschnittsnote von 7,8. Seltsam mutet die noch immer gültige FSK-Freigabe an: ab 18.

Wer neugierig geworden ist und weder Mühe noch das Begehen von Straftaten scheut, kann sich von Rapidshare den kompletten Film in acht Teilen herunterladen. Mit englischen Untertiteln. Bequemer für alle, die die entsprechende Software installiert haben, ist der Torrent-Download von hier. Braucht aber eine Ewigkeit.



Bernd Eilert, gezeichnet von Hans Traxler. Vor 22 Jahren.

Bernd Eilert ist das jüngste Mitglied der "Neuen Frankfurter Schule", er traf erst Anfang der Siebziger in Frankfurt ein, wo Robert Gernhardt,
F. K. Waechter, Peter Knorr, F.W. Bernstein, Eckhard Henscheid, Hans Traxler und Chlodwig Poth schon jahrelang ihr Humorwesen trieben und verfeinerten.

Mit F. K. Waechter entstand schon 1972 das Kinderbuch "Die Kronenklauer", das erfreulicherweise gerade wieder aufgelegt wurde. Für Pardon schrieb er bald regelmäßig und gehörte 1979 zum Gründungsteam der Titanic, für die er von der ersten Ausgabe an unter anderem die "Liste der peinlichsten Persönlichkeiten" erstellte, unterstützt von Eckhard Henscheid, Wilhelm Genanzino und weiteren Autoren. Auf der letzten Liste, die schließlich peinlicherweise die Autoren der Kolumne selber für ihre Peinlichkeit auszeichnete, was von Lesern über die Jahre immer wieder gefordert worden war, heißt es über Bernd Eilert: "... typischer Mitläufer, -macher, -schnacker, der er war und ist, nahm keinerlei Anstand, sich an dem lutherisch-luziferischen Unternehmen zu beteiligen, und hat zudem als einziger während zehn langer Jahre nicht davon lassen können".

Andere Rubriken, die Eilert mitentwickelte, leben bis heute in der Titanic fort. Etwas die "Humorkritik" vom hier öfter erwähnten "Hans Mentz" oder die "Briefe an die Leser", die jahrelang in Manfred Bissingers Wochenzeitung Die Woche schlecht kopiert wurden.

Bernd Eilert hat einen Krimi geschrieben, der sich feinsinnig und anspielungsreich weit von den Konventionen des Genres entfernte und leider schon ewig nicht mehr gedruckt wurde. Er heißt, je nach Ausgabe, "Notwehr auf Italienisch" oder "Eingebildete Notwehr" und ist problemlos antiquarisch zu bekommen, genauso wie der Band mit Erzählungen "Windige Passagen", der auch "Wenn Arschlöcher erzählen könnten ..." hätte heißen können, wie der Autor im Klappentext meint.

Ein monströses Unterfangen war die Herausgabe des "Hausbuchs der literarischen Hochkomik", kein Ziegel- sondern mehr ein Ytongstein von einem Buch, das auf mehr als 1500 eng beschriebenen Seiten Beispiele für gelungenen Witz in der Weltliteratur vorstellt und jeweils einleitet und dabei auch so überraschend wie überzeugend Autoren wie Fjodor Dostojewski oder Franz Kafka für die Hochkomik reklamiert. Dem willigen Leser eröffnen sich neue Horizonte, und wenn man nur ein einziges Buch hätte, wäre man nicht schlecht dran, wenn es dieses wäre. Leider auch nur antiquarisch erhältlich; hoffentlich gibt es endlich mal eine Neuauflage bei Haffmans/2001 oder anderswo.

Das größte Publikum und damit auch die verlässlichste Einnahmequelle bescherte ihm die nun nahezu vier Jahrzehnte andauernde Zusammenarbeit mit Otto Waalkes. Früher zusammen mit Robert Gernhardt und Peter Knorr, heute im Alleingang, schreibt er dessen Texte für die Bühnenauftritte und alle medialen Erzeugnisse von den legendären Fernsehshows bis zu den SIEBEN ZWERGEN und trägt somit Mitverantwortung für sämtliche Höhe- und Tiefpunkte im Schaffen des erfolgreichen Komikers. Hoffentlich macht Otto bald mal zwei Jahre Pause und verschafft Bernd Eilert so genügend Zeit für ein neues Buch. Gerne wieder mit einem Arschloch als Erzähler.


Und ein Film, den wir glücklicherweise nicht gesehen haben:

Dino Risi ist letzten Juni gestorben; er wurde 92 Jahre alt. Filme hat er seit Mitte der vierziger Jahre und bis ins neue Jahrtausend hinein gemacht; leider waren diese in den letzten Jahrzehnten offenbar meist mittelmäßig bis miserabel. DER DICKE KÖNIG DAGOBERT von 1984 ist trotz guter Schauspieler wohl eine Katastrophe: "Misslungener Versuch einer Parodie auf Historienfilme und einer Satire auf das Leben im Mittelalter; Klamauk und vulgäre Dialoge prägen die Inszenierung", meint das Filmlexikon. Übrigens: Hat eigentlich irgendeiner der Leser hier Til Schweigers Ritterklamotte gesehen? Und wie war's?